Unsere Kyudo-Abteilung verabschiedet sich von seiner Lehrerin Helgard Romé
Helgard Romé hat uns am 13. März 2025 unerwartet verlassen, so plötzlich und spurenlos wie sich der Morgentau vom sich neigenden Blatt löst. Das ist Bushi-Geist.
Die intensive Judopraxis im Kölner Bushido musste sie aus körperlichen Gründen aufgeben und lernte um 1973 bei Günter Ismer in Köln japanisches Bogenschießen. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete sie die Deutsch-Japanische Sportgesellschaft Köln e.V und führte in der Sporthochschule zu Beginn eines jeden Semesters einen Anfängerkurs in Kyudo durch. So hatte sie die Möglichkeit einen Kyudoverein zu etablieren. Der Verein musste 2012 aufgelöst werden.
Als geborene Kölnerin liebte sie Köln als ihre Heimat und verließ es vor 12 Jahren nur, um Kyudo ohne bürokratisch-organisatorische Einschränkungen ausüben zu können, ohne Sorgen, notwendige Mitgliederzahlen für die Anträge auf Turnhallentermine erfüllen zu müssen. Im April 2013 zog sie nach Aachen, wo sie im neuen Dojo ihren fast schon aufgegebenen „Weg des Bogens“ wiederbeleben konnte.
Innerhalb der 40 Jahre Kyudo in Köln suchte sie sich intensiv bei deutschen Lehrgängen und bei europäischen Angeboten wie in Italien und besonders in ihrer geistigen Heimat in Frankreich und da in Lyon umfassend weiterzubilden. Dabei legte sie für sich und für ihre künftige Trainertätigkeit eine umfassende Sammlung von Lehrgangsprotokollen und Vortragsmitschriften an. Sie errang den 4. Dan und die Trainerlizenzen für Deutschland und folgte konsequent der Lehre der Heki Ryu Insaiha, die unser japanischer Lehrer Genshiro Inagaki (1911-1996) in mehr als 25 Jahren in Deutschland gelehrt und vorgelebt hat, und die nach seinem Tod von seinen Nachfolgern weitergeführt wurde.
Helgard Romé insistierte bei ihrem Unterricht in Aachen auf äußerste Disziplin, was Pünktlichkeit und Aufgabenteilung betraf. Sie gab zu Beginn des Trainings immer ein Motto vor, das Aufmerksamkeit und Sorgfalt betraf, und hatte stets ein technisches Thema bereit. Auch gab sie den verschiedenen Formen des Taihai genügend Raum und machte regelmäßig Trainings für zeremonielles Schießen.
Was sie von ihren Lehrern empfangen hatte, verpflichtete sie sich weiterzugeben. Was sie von den Anderen an Disziplin im Kyudo verlangte, hat sie von sich selbst ebenfalls streng eingefordert. Wichtig war ihr in all den Jahren, nicht aufzufallen oder sich nicht nach vorne zu drängen.
Neben Ihrer Leidenschaft für Kyudo widmete sie sich den grafischen Künsten und übte unermüdlich Kalligraphie. Sie liebte die Musik des Kölner Karnevals und scheute sich nicht, einfache Tanzkurse zu besuchen.
Sie wollte keine Spuren hinterlassen. Doch ihr Wirken bleibt unauslöschlich in den Herzen jener, die mit ihr Kyudo geübt haben. Zunehmende Kreislaufschwächen nahmen ihr den vorhersehbaren, aber ungeliebten Trubel ab, der am 12. Oktober zu ihrem 80. Geburtstag unvermeidlich gewesen wäre. So nahm sie einen leisen, französischen Abschied.
Aachen, 21. März 2025.
Manfred Speidel im Namen des Taishin Kan Kyudojo

